„Kirche im Wandel – Mittendrin und auf dem Weg“ – Ein Gespräch mit Sr. Heidrun Bauer SDS

Kirche im Wandel – Mittendrin und auf dem Weg

Ein Gespräch mit Schwester Heidrun Bauer, Salvatorianerin

In bewegten Zeiten wird Kirche als Ort der Orientierung, des Trostes und der Gemeinschaft besonders wichtig. Auch in Pitten – mit seiner Pfarrkirche zum hl. Georg, die hoch über dem Ort auf halber Höhe des Burgberges thront – spürt man, wie Glaube, Tradition und Wandel sich berühren.

Eine Schlüsselperson in diesem Prozess ist Sr. Heidrun Bauer SDS, Ordensfrau der internationalen Kongregation der Salvatorianerinnen, Geistliche Begleiterin, Künstlerin und als Mitglied des Pfarrgemeinderates der Pfarre Pitten Initiatorin der Treffen „Kirche im Wandel – vor Ort und mittendrin“. Seit vielen Jahren begleitet sie Menschen auf ihrem geistlichen Weg – in Gesprächen, im Gebet, durch kreative Impulse und gelebte Gastfreundschaft. Ihre Arbeit verbindet persönliche Erfahrung mit einer Vision für eine Kirche, die offen ist für Veränderung: eine Kirche, die nicht statisch bleibt, sondern sich bewegt.

Einblick in den Wandel

Dieser Artikel gibt Einblick in den Wandel der Kirche, ihre Herausforderungen und Chancen, und zeigt, wie man sich – wie Sr. Heidrun – aktiv einbringen kann.

Wer ist Schwester Heidrun Bauer?

Sr. Heidrun Bauer wuchs in Bad Erlach auf und schloss sich nach beruflichen Jahren in der Exportwirtschaft 1992 der Gemeinschaft der Salvatorianerinnen an. Heute lebt und arbeitet sie in Schwarzau am Steinfeld und gehört zur salvatorianischen Gemeinschaft in Brunn bei Pitten am Grundstück von Mater Salvatoris. Dort lebt sie ihre Berufung als Ordensfrau, begleitet Menschen auf ihrem geistlichen Weg und führt ein Atelier für spirituelle Kunst. Ihre Bilder und Kunstprojekte wurzeln in ihrer persönlichen Glaubenserfahrung und sprechen tiefere Lebensfragen an – immer im Dienst am Menschen vor Ort und mit einem sensiblen Blick für das, was trägt.

„Kirche im Wandel“ – Ein Prozess, kein Projekt

Kirche verändert sich stetig. Sr. Heidrun betont: „Wandel ist kein Programm mit Meilensteinen, sondern eine Einladung, den eigenen Glauben lebendig zu halten. Kirche ist und bleibt lebendig durch Menschen, die sie mit ihrem Glauben und Leben prägen. Wandel bedeutet, sich von Gottes Geist bewegen zu lassen – mit Mut, aber auch mit dem Wissen, dass wir alle unterwegs sind.“

Was bedeutet für Sie persönlich der Wandel der Kirche?

„Der Wandel der Kirche fordert uns heraus, weil sie von vielen Menschen vor allem über Gebäude und „Hauptamtliche“ wahrgenommen oder wie ein Verein verstanden wird. Doch Kirche lebt durch uns Christinnen und Christen, durch unser persönliches Leben und Handeln. Die Zeit, in der vor allem bestehende Strukturen erhalten wurden, geht zu Ende – entscheidend ist die Rückbesinnung auf den Ursprung als Jesus-Bewegung, getragen von Menschen, die von seiner Botschaft berührt wurden.

Heute ist besonders unser authentisches und empathisches Mensch-Sein gefragt, verwurzelt in der Beziehung zu Jesus Christus. Das ist Auftrag genug für uns als Kirche und zugleich ein starkes Gegenprogramm zur Künstlichen Intelligenz. Entscheidend bleibt, ob wir – wie Maria – offen sind für Gottes Anruf, um in Zeiten des Wandels lebendige Hoffnungszeichen zu werden.

Der Wandel ist eine Chance: Nicht der Erhalt von Bestehendem steht im Mittelpunkt, sondern die Frage, wie wir als Getaufte Hoffnung vermitteln und die Botschaft Jesu leben. Kirche wird so zur Herzensangelegenheit, getragen von persönlichen Begegnungen und authentischem Glauben. Damit prägen wir Christinnen und Christen durch unser Leben und Verhalten das Bild von Kirche.“

Welche Herausforderungen und Chancen ergeben sich aus der aktuellen Situation?

„Veränderung kann sich manchmal wie eine Zerreißprobe anfühlen, ist aber zugleich Einladung, die persönliche Beziehung zu Jesus Christus zu pflegen und zu vertiefen. So lernt man, Wesentliches vom Unwesentlichen zu unterscheiden und zugleich handlungsfähig und liebevoll zu bleiben – gerade in unsicheren Zeiten.“

Konkrete Erfahrungen aus Pfarrgemeinde und Ordensleben

„Ich empfinde das Ungleichgewicht in der Verteilung von Altersdurchschnitt und Aufgaben – sowohl in der Pfarrgemeinde als auch in der Ordensgemeinschaft – als große Herausforderung. Vieles, das traditionell gewachsen ist, braucht heute neue Formen. Menschen leben unter anderen Voraussetzungen als vor 100 Jahren, und doch bleiben die tiefsten Sehnsüchte gleich: Alle wollen wahrgenommen, angenommen, gesehen und geliebt werden.“

Wie zeigt sich Wandel konkret?

„Die Herausforderungen, mit denen wir umzugehen haben, sind stark ineinander verwoben – auf lokaler, nationaler und globaler Ebene. Sie betreffen das menschliche Leben selbst, das Zusammenleben in Familie und Gemeinschaft, Berufsleben und Freizeit, Kommunikation, Mobilität, die Bewahrung der Schöpfung, Informationsweitergabe, Sinnsuche, Gesundheits- und Altersversorgung, Ernährung, verfügbare finanzielle Mittel sowie die Verwaltung von Gebäuden und Institutionen. Das alles bietet auch die Gelegenheit aufzubrechen und gemeinsam neue Wege zu entdecken und zu gehen.“

Kann ich Kirche im Wandel nur allein in meinem stillen „Kämmerlein“ leben?

„Wie heißt es so schön: ‚Ein Christ/eine Christin ist kein Christ/keine Christin.‘ Natürlich braucht es Zeiten des Rückzugs und der inneren Zwiesprache ‚im stillen Kämmerlein‘. Aber das allein genügt nicht. Teresa von Avila sagte: ‚Das Gebet ist dafür da, dass daraus Werke entstehen.‘

Dialog und Mitgestaltung fördern

„Indem wir uns füreinander interessieren, zweckfreie Orte schaffen und Zeit miteinander verbringen. „Die vornehmste Art Gottes ist es einfach DA zu SEIN.“

Vision für die Kirche

„Dass sich Menschen wieder tiefer auf die lebenspendende Botschaft Jesu Christi einlassen und erfahren, dass darin ein Gewinn liegt, der hinausragt über Äußerlichkeiten. Hoffnung und lebendige Teilnahme entstehen überall dort, wo authentische Beziehungen wachsen.“

Woraus schöpfen Sie Kraft?

„Aus meiner persönlichen Beziehung zu Jesus Christus, dem biblischen Wort, Gebet, Stille, geistlicher Literatur, Gesprächen, Teil einer weltweiten Ordensgemeinschaft zu sein, Familie und Freund:innen, aus Gottesdiensten, Exerzitien, Musik, Natur, Sport, gutem Essen und vielem mehr.“

Wordrap

  • Wandel bedeutet für mich … ein Wagnis, mich einem Geschehen zu überlassen.
  • Kirche im Jahr 2030 sehe ich … auf dem Weg.
  • Ein Satz, der mich trägt … die Zusage Jesu: „Dein Heil bin ich.“
  • Mit Menschen unterwegs sein heißt … mit Überraschungen zu rechnen.
  • Hoffnung für die Kirche finde ich … in der Botschaft Jesu.
  • Ohne Gottvertrauen … könnte ich nicht leben.
  • Zukunft beginnt … heute – jetzt und hier.

Mitmachen erwünscht!

Der geistliche Prozess „Kirche im Wandel – vor Ort und mittendrin“ ist offen für alle, die mitmachen wollen. Jede:r ist eingeladen, sich mit eigenen Ideen, Fragen und Talenten einzubringen. Impulse, Gesprächsangebote und Möglichkeiten zur Beteiligung gibt es laufend. Wer neugierig ist, kann mit dem ersten Impulsblatt (September 2024) starten oder beim nächsten Treffen reinschnuppern!

Hinweis: Die Kurzfassung dieses Interviews erscheint im WEITBLICK, der Zeitung des Pfarrverbandes.

🎧 Podcast mit Sr. Heidrun Bauer: Hier anhören